Der Name Kramarz

Historische Abbildung eines Krämers

Familie Kramarz aus Bolatitz

Die Familie, der wir angehören, läßt sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen, wo sie als bäuerliche und gärtnerliche Familie in dem Dorfe Bolatitz im Hultschiner Ländchen (früher Kreis Ratibor, Oberschlesien, 1918-1938 und seit 1945 Bolatice, Bezirk Kravaře, Tschechoslowakei) ansässig war. Der Name Kramarz ist slawischen Ursprungs (gemeinsame Wurzel mit dem deutschen Worte Kram, wohl Lehnwort von diesem) und bedeutet sowohl im Polnischen als auch im Tschechischen so viel wie das deutsche Wort Krämer. Als von der Berufsbezeichnung übernommener Familienname wird er sicherlich vielerorts gebraucht worden sein.

Heraldische Geldmacherei

Die um die Jahrhundertwende 1900 aufgetauchte Ansicht, daß unsere Familie früher adelig gewesen und mit dem in Schlesien, Böhmen und Mähren ansässig gewesenen Adelsgeschlecht der Krawarz (Krawarski) identisch sei, geht auf die Falschnachricht eines heraldischen Lügeninstituts zurück, die völlig haltlos ist. Daher kommt auch das Wappen des erwähnten Adelsgeschlechtes (im roten Schild ein silbernes Wurfeisen) für unsere Familie nicht in Betracht.

Wirklich Adlige

Es gibt auch adelige Kramarz. So wird z. B. ein Freiherr Karl von Kramarz (Kramař) erwähnt, dem am 23.XII.1781 erlaubt wird, die Tochter des Troppauer Stadtrichters Kunzel Elisabeth Aloysia adoptieren zu dürfen ¹) und am 20.II.1917 wird der Oberst i. R. Julius Kramar unter dem Namen «Edler von Tarnawa» in den österreichischen Adelsstand erhoben ²). Doch besteht mit diesen kein Zusammenhang unserer Familie.

Einige historisch belegte Beispiele von Namensträgern im schlesischen Raum

Das Mitgliederverzeichnis der Liebfrauengilde in Ratibor erwähnt (abgedruckt bei H. Schaffer, Geschichte einer schlesischen Liebfrauengilde seit dem Jahre 1341, Ratibor 1883, S. XIII, XIV, XXXIII, XXXV, u. a.:
Name Hinweis zu dieser Person:
Nikol. Kramars Zwischen 1464 u. 1494
Dorothea Kramarczikin Rattib. († 6.1.1736)
Severin Kramarz 1488 wurde eine Inkunabel (Biblia bohemica) und zwar zum ersten Male in der National-Sprache auf Kosten u. a. von Johannes Pytlik und Severin Kramarz fianziert. (Centralbl. f. Bibliothekswesen XVI, 1899, 126.). Siehe auch Hinweis mit Bild weiter unten.
Peter Kramarß Fischer in Trachenberg (Schlesien), am 16.10.1600 in der Trachenberger Kirchenrechnung erwähnt (1601 wird derelbe Mann Peter Kramer genannt).
Vincentius Kramarz Ordensgeistlicher, Dominikaner, Lektor der Theologie u. Festtagsprediger in Troppau, von dem 1736 eine am 27.IV.1736 gehaltene Rede «Clarus sine errore lusus» gedruckt wurde (vorhanden in der Breslauer Stadtbibliothek).
Georg Kramarczyk (1794 Georg Kraemmer genannt) aus Ratibor, 1789-1794 Schüler der Raudener Zisterzienserschule, wird später unter dem Ordensnamen Siegfried Paulinermönch in Czenstochau (Schulmatrikel Rauden O/S).
Josef Kramarczyk aus Ratibor, 1803-1804 Schüler der Raudener Zisterzienserschule (Raudener Schulmatrikel).
Josef Kramarczik geb. Ratibor 1809, war 1881 Direktor des Gymnasiums Heiligenstadt (A. Weltzel, Geschichte der Stadt Ratibor O/S, 2. Aufl. 1881, S. 482). Er war anscheinend der als Verfasser eines im Heimatblatt "Der Ratiborer" (Jg. 5, Lengerich 1958, Nr. 51, S. 3 zur Hochzeit seiner Schwester Aloysia Kramarczik († Ratibor 1876) am 21. Juni 1825 in Ratibor mit dem Schmiedemeister Bernhard Lachmann († Ratibor 1876) abgedruckten Festgedichtes erwähnte Gymnasiast Josef Kramarczik.
Franz Kramarczyk geb. Sudol bei Ratibor am 12.IV.1816, zum Priester geweiht am 15.IV.1843, Pfarrer in Pawonkau und Lubetzko, gest. am 8.I.1861 (A. Weltzel, Geschichte des Ratiborer Archipresbyteriats, 2. Aufl. 1896, S. 619).

Auszug aus 1488 gedruckter Inkunabel zum Mit-Financier Serverin Kramarz 1488 wurde eine Inkunabel (Biblia bohemiea) auf Kosten u. a. von Johannes Pytlik und Severin Kramarz gedruckt. (Centralbl. f. Bibliothekswesen XVI, 1899, 126.)
Anmerkung zur 1488 gedruckten und von Severin Kramarz (vermutlich) mitfinanzierten Inkunabel (Biblia bohemiea): Nebst der in der Familienchronik erwähnten Quelle der Centralbl. f. Bibliothekswesen wurde die Angabe zu Severin Kramarz auch im Buch «Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung (1840)», Falkenstein, Constantin Karl, 1801-1855, bei der Bayerischen StaatsBibliothek BSB) gefunden.
Text links: «Ausser den böhmischen Psaltern von 1487 sind besonders noch XXX's Fabeln ins slawischer Mundart von 1487 oder 1488, die zum ersten Male in der Nationalsprache erschienene Bibel von 1488, wo Johann Pitlick, Severin Kramarz, Johann von Störchen (xxxxxxxx) und Matthias vom weißen Löwen (xxxxxxxx) als Unternehmer, ob Verleger ober Drucker ist unbestimmt, genannt werden …»

Noch ältere Hinweise auf den Familiennamen Kramarz finden sich in den Urbaren von Oberschlesien. Trotz gleichen Namens bleibt aber eher unwahrscheinlich, dass die hier genannten Personen in direkter Verwandtschaft zu unserer Familie Kramarz aus Bolatitz standen.

(*) Anmerkung: «In Bolatitz sind die alten Kirchenbücher während des Siebenjährigen Krieges verbrannt (worden?). Möglicherweise haben wir daher erst ab 1756 verlässliche Daten zu unseren Vorfahren.» — Hinweis mit freundlicher Genehmigung von Martin Nawrath. Ergänzender Hinweis dazu: Alleine aus den uns bekannten Angaben ist das höchst wahrscheinliche Geburtsjahr von Matheus (Matthias, Mateg, Mathieu) Kramarczik (Kramarz) mit 1687 noch um 69 älter.
¹) A. v. Doerr, Der Adel der böhmischen Kronländer, 1900. S. 261.
²) K. F. v. Frank zu Döfering, Alt-Österreichisches Adelslexikon, Bd I: 1823-1918, 1928. S. 155.
(**) Anmerkung: «Die Online-Kirchenbücher (bzw. auch Personenstandsregister) beginnen bezüglich der Taufen am 17. Oktober 1683. Sie reichen zunächst nur bis zu einer größeren Lücke, die im Dezember 1686 beginnt. Dann geht es aber am 4. Mai 1742 wieder weiter. Bezüglich der Ehen beginnen die Online-Kirchenbücher ab dem 21. Januar 1714. Und bezüglich der Begräbnisse fangen die Online-Kirchenbücher am 7. Februar 1714 an. In Olmütz gibt es Zweitschriften der Kirchenbücher von Bolatitz, welche ab Januar 1740 beginnen.» — Hinweis von Dr. Jürgen Bittner, Juli 2012.

Blockquote

Unsere Familie Kramarz erscheint, soweit z. Z. feststellbar, erstmalig am 29.X.1719, wo in Bolatitz (Bolatice, Hultschiner Ländchen) der Witwer Mateus Kramarczik mit der Jungfrau Katerzina getraut wurde. Als Name erscheint weiterhin Kramarczik, Kramarczyk und Kramartzik. Diese Form hält sich ungefähr bis 1780. Daneben erscheint seit ungefähr 1755 die gleiche Familie auch unter dem Namen Kramarz, bis mit der Zeit diese Form die ursprüngliche verdrängt und allein bestehen bleibt. So wird z. B. noch der Großvater des Ferdinand Kramarz: Franz, geb. 1776, als Kramarczik getauft, während der Urgroßvater des Ferdinand Kramarz: Matthes, gest. 1810, als Kramarz begraben wird.
Nach dem gegenwärtigen, natürlich lückenhaften Material ergeben sich folgende drei Linien der aus Bolatitz stammenden Familie Kramarz. Zur Zeit lassen sich Verbindungen der Nikolaus-Linie und der Peter-Paul-Linie mit der Matthäus (Matthias)-Linie noch nicht belegen. Angesichts der Tatsache, dass alle drei aus demselben Dorf, das 1900 etwa 2'100 und um 1939 rund 2'300 Einwohner zählte, stammen, ist eine Verwandtschaft als sicher anzunehmen. Wahrscheinlich stammen sie von der Matthäus (Matthias)-Linie ab, und zwar von den Stämmen, Ästen und Zweigen, die noch nicht vollständig zusammengestellt werden konnten.
Ende Zitat Robert Samulski, entnommen der Familienchronik

Die folgenden Informationen waren im Internet zu finden und scheinen zumindest sehr plausibel als Erklärung für die ursprüngliche Herkunft des Familiennamens Kramarz. Verbrieft ist dies allerdings nicht.

Planwagen

«Der Kramer/Krämer hatte ursprünglich nur "einen Kram" – eine Krambude oder einen Kramladen. Kram hiess auch die Plane, die der Händler über seinen Wagen spannte. Somit war er Kleinkaufmann, aber auch Hausierer. Das Wort "Kram" kommt aus dem Mittelhochdeutschen und meint die "Zeltdecke" aber auch "Bude" und "Ware". Zunächst war damit also eine Stoffüberdachung gemeint, unter der die Marktgeschäfte stattfanden. Erst später übertrug sich die Wortbedeutung auf die Ware selbst.

Weitere Varianten zu diesem Namen sind: Krähmer, Krahmer, Krammer, Kramarz, Kramarsch, Kramař (kleines «v» über dem «r», sog. Hatschek, vergleiche auch die Aussprache des Komponistennamen Dvořak: «Dvorschak»), Kramarczyk, Kramartzik, Kramski, Kramsky.»

Quelle: Namensdeutung vormals auf neuhausweb.de gefunden.

Krämer mit Bauchladen «Der Unterschied zwischen Kramarz und Kramasz besteht in der Schreibweise. Auf polnisch klingt "rz" üblicherweise wie das "s" in "measure" und "sz" (ß) klingt wie "sh" in "ship"; aber das "rz" am Wortende ist "entstimmlicht", wie Linguisten sagen, und klingt wie das "sz" (ß). Also wurde Kramarz und Kramasz genau gleich ausgesprochen und daher konnte der Name so oder so geschrieben werden. Jedoch kannten die meisten Polen die "korrekte" Form Kramarz und buchstabierten sie auch so.

So gab es 1990 über 1'950 polnische Bürger namens Kramarz und nur 19 namens Kramasz.»

Quelle: Polish Roots, auszugsweise übersetzt

(*) Anmerkung: Im Tschechischen bezeichnen Substantive auf -ař (in der tschechischen Schreibweise mit «Haček») häufig Berufe: Kramař: Krämer; Lekař: Arzt ... Im Polnischen ist es ähnlich, dann aber ohne den Haček». Hinweis mit freundlicher Genehmigung von Martin Nawrath.)


Beschreibung Aller Stände

Als weitere Quelle für die Erklärung der Namensherkunft mag auch das Werk «Eygentliche Beschreibung Aller Stände auff Erden / Hoher und Nidriger / Geistlicher und Weltlicher / Aller Künsten / Handwercken und Händeln / u. vom größten bis zum kleinesten / Auch von irem Ursprung / Erfindung und gebreuchen» vom Nürnberger Spruchdichter Hans Sachs (1494-1576) aus dem Jahr 1568 gelten. Dieser schrieb nämlich auf Seite 77 in seinem 246 Seiten starken Werk «Mit Röm. Keys. Maiest. Freyheit. Gedruckt zu Franckfurt am Mayn.» im Jahr 1568:

Ich bin ein Krämer lange jar/
Kompt/und kaufft hie mancherley Wahr/
Als Bruch/Pfeiffen/und Schlötterlein/
Item/Würz/Zucker und Brentn Wein/
Spiegel/Schelln/Käm/nadl uñ Harbãt/
Leckkuchn/Nestel und Brillen gnannt/
Die Krämerey mancherley Wahrn/
Erfand lieber Pater vor jarn.

450 Jahre Sprachentwicklung

Die Bedeutung des Textes zu verstehen, bedarf schon einiger Gedanken. Dies zumindest in unserer Zeit, da sich die Sprache doch nun während etwa 450 Jahren entwickelt und verändert hat. Denn, ob z. B. mit «Bruch» ev. eine Süssig­keit wie Waffel­bruch gemeint ist oder ob es sich eher — und auch dies ist dem Lexikon der Brüder Grimm entnommen — um eine Jagd-Trophäe handeln könnte, das ist nicht klar. Und «Schlöt­ter­lein» ist nach demselben Lexikon ein Kinder­spielzeug. «Item» indes ist lateinisch und steht für «ebenso, ebenfalls, auch, dergleichen». Ob mit «Harbat» vielleicht ein Haarbad, also unser Shampoo, gemeint sein könnte? Das würde jedenfalls mit Kamm und Nadel zusammenpassen. Denn das mittel­hoch­deutsche Wort für Haar ist «har». Bei «Nestel» können die Brüder Grimm wieder helfen: Hierbei handelt es sich um Schnür­senkel.